June 30, 2025
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Das vorliegende Ergebnisprotokoll dokumentiert den SIEC-Workshop, der am 13. Februar 2025 im Umweltbundesamt in Berlin stattfand.
Im Rahmen des vom Umweltbundesamt geförderten Forschungsprojekts wurde die neue Server Idle Energie-Kennzahl (SIEC) vorgestellt und mit Experten aus Industrie, Forschung und öffentlicher Verwaltung diskutiert. Der Workshop gliederte sich in einen Vortragsteil zur Erläuterung der Kennzahl und ein World Café zur vertieften Diskussion ihrer Eigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten. Der Workshop fand in Präsenz beim Umweltbundesamt in Berlin und parallel remote statt. Dieses Protokoll fasst die wichtigsten Erkenntnisse, Diskussionspunkte und nächsten Schritte zusammen.
Ziel des Workshops
Im Rahmen des Vorhabens wurde der erste Begleitworkshop am 13. Februar 2025 beim Umweltbundesamt in Berlin organisiert. Der Workshop brachte Experten zusammen, um sich gezielt mit der Thematik des Energieverbrauch von Servern im Idle-Zustand auseinanderzusetzen.
Die Hauptziele des Workshops konzentrierten sich auf die "Energieverschwendung" in Servern. Ein zentraler Fokus lag darauf, Potenziale in Servern zu ermitteln, anstatt diese nur zu vergleichen. Die Diskussionen unterstrichen die Wichtigkeit, die Anwendbarkeit der entwickelten Lösungen zu verbessern und die Frage zu klären, für welche Zielgruppen die Kennzahlen tatsächlich relevant sind. Besondere Aufmerksamkeit wurde der Load Correlation aus praktischer Sicht gewidmet, wobei auch P-Idle als wichtiger Aspekt berücksichtigt wurde.
Konkrete technische Aspekte wurden ebenfalls behandelt: Die Integration von RAM-Messungen zur Erfassung temporärer Speicherleistung wurde als notwendig erachtet, und die Möglichkeit zur Messung von Lüfterleistung wird von x-ion weiter untersucht. Es wurde auch festgelegt, dass keine Daten innerhalb der Projektlaufzeit herausgegeben werden.
Diese strukturierte Herangehensweise ermöglichte einen produktiven Dialog und die praktische Auseinandersetzung mit den Herausforderungen und Lösungsansätzen im Bereich der energieeffizienten Software. Eine Matrix für die Broschüre wird erstellt, welche den Nutzen für die IT, für Server-Anbieter und Cloud-Dienstleister aufzeigen wird. Der Workshop leistete einen wichtigen Beitrag zur Förderung von Nachhaltigkeit innerhalb der Software-Gemeinschaft und unterstrich die Notwendigkeit, den Energieverbrauch von Servern im Idle-Zustand systematisch zu adressieren.
Einleitung Protokoll:
Am 13. Februar 2025 fand beim Umweltbundesamt in Berlin der erste Begleitworkshop zum Thema Energieeffizienz von Servern statt. Der Workshop vereinte Experten aus der Branche und der freien Wirtschaft, die sich mit dem Energieverbrauch von Servern im täglichen Betrieb befassen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die „Energieeffizienz" in Servern sowie die Identifizierung von Optimierungspotenzialen.
Im Rahmen des Workshops wurden sowohl theoretische als auch praktische Aspekte behandelt. Diese Herangehensweise ermöglichte einen produktiven Dialog und trug wesentlich zur Förderung von Nachhaltigkeit in der Software-Gemeinschaft bei. Alle besprochenen Punkte wurden im Protokoll festgehalten.
Agenda
Beschreibung: | Zeit: | |
1 | Begrüßung der Teilnehmer; Workshop-Ablauf Ziel des Forschungsvorhabens Partner-Vorstellung und Zusammenarbeit durch Marina Köhn (UBA), Max Schulze (SDIA), Paul Papenbrock (BMWK) | 10:00 – 10:20 Uhr |
2 | Warum braucht es eine neue Server Kennzahl? Welche Kennzahlen gibt es aktuell? Was ist die neue Energieeffizienzkennzahl? Warum ist sie wichtig? Welche Vorteile bietet sie? durch Dr. Ludger Ackermann (dc-e)
Forschungsaufbau: Vorstellung der methodischen Herangehensweise Vorstellung des Testaufbaus Wie wird die Kennzahl berechnet? Welche Daten sind erforderlich? Welche Tools stehen zur Verfügung? durch Max Schulze (SDIA)
Anmoderation des Workshops durch Max Schulze | 10:20 - 11:30 Uhr |
3 | Kaffeepause | 11:45 - 12:00 Uhr |
4 | World-Café (Workshop) (1 Tisch in Präsenz, 1 Online Raum) 1 Rotation Tisch 1: Anwendung der Kennzahl (Max Schulze) Tisch 2: Was macht eine gute Kennzahl aus? (Ludger Ackermann, Marina Köhn) | 12:00 - 12:45 Uhr |
5 | Ausblick: Wie geht es weiter im Projekt? durch Max Schulze | 12:45 - 13:00 Uhr |
6 | Abschluss durch Marina Köhn | ab 13:00 Uhr |
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Präsentationsdeck:
Tagesordnungspunkte 1 bis 2 – Vortragsteil (ca. 1 Stunde) Was ist die Kennzahl SIEC?
Mit Hilfe des Präsentationsdecks wurden folgende Themenbereiche vorgestellt und diskutiert.
1. Vorstellung der Kennzahl durch Marina Köhn
Die Verbesserung der Serverauslastung bietet eines der größten Potenziale zur Energieeinsparung in Rechenzentren (RZ), besonders angesichts des steigenden Kapazitätsbedarfs durch KI. Ein energieeffizienterer Server verbraucht nicht zwangsläufig bei jeder Arbeitslast weniger Energie, sondern kann mit der gleichen Energiemenge höhere Arbeitslasten verarbeiten.
Das Forschungsvorhaben baut auf der von Dirk Harryvan entwickelten Methode (SIC) auf. Diese soll um weitere Server-Komponenten wie Speicher und GPUs erweitert, in der Praxis erprobt und bei erfolgreicher Prüfung in die Normung überführt werden.
2. Max Schulze erläuterte die Potenziale der neuen Kennzahl SIEC für Unternehmen und den Messaufbau
Die SIEC-Metrik ermöglicht die Identifizierung ungenutzter Potenziale in der IT-Infrastruktur, die später monetarisiert werden können. Während die ursprüngliche SIC-Metrik von Harryvan nur die CPU betrachtete, berücksichtigt die Weiterentwicklung durch Ludger Ackermann (dc-e) zu SIEC nun auch den Energiefaktor. Die Energieverbrauchsmessung erfolgt über interne API-Schnittstellen wie RAPL oder IPMI, wodurch keine externen Messgeräte nötig sind und eine nahtlose Integration in bestehende Serverinfrastrukturen möglich ist.
Zur Untersuchung verschiedener Aspekte der Serverauslastung wurden Testszenarien entwickelt. Diese umfassen die CPU-Auslastung, Nutzungs-, Schreib- und Lesevorgänge für Arbeitsspeicher und Festplatten sowie den Netzwerkverkehr.
Die Messdaten aus der SIEC-Metrik-Erprobung werden als „Snapshots" für die weitere Forschung genutzt. Durch Last-Szenarien werden die Serversysteme unter verschiedenen Auslastungsbedingungen beobachtet und die Auswirkungen auf die SIEC-Metrik analysiert.
Folgende Fragen wurden direkt vor Ort diskutiert:
Wie wird die CPU-Auslastung berücksichtigt? Welche Energiedaten sind in den Snapshots?
Antwort: Erfassung alle 15 Minuten über IPMI oder andere verfügbare APIs (Frage von Conrad Wächter)
Wie wird die Kennzahl berechnet und wie kann ihre Verlässlichkeit sichergestellt werden?
Antwort: Die Sampling-Methode basiert auf Mittelwerten. Die Kennzahl wird durch Auslastungs-Experimente validiert.
2. Ludger Ackermann stellt die Herleitung der SIEC-Berechnungsformel vor
Ausgehend von Harryvans ursprünglicher Berechnung wurde die Formel auf alle Server eines RZ erweitert und in Server Idle Energy Coefficient (statt Server Idle Coefficient = SIC) umbenannt. Die Kennzahl eignet sich nicht nur für einzelne Server, sondern auch zur Ermittlung des unnötigen Energieverbrauchs im gesamten RZ. Für weitere Anpassungen müssen noch konkrete Messdaten erhoben werden – aktuell ist die Formel eine theoretische Herleitung.
Im anschließenden Gespräch wurden folgende Punkte erörtert:
Die Kennzahl wird in Prozent ausgegeben und zielt darauf ab, Transparenz für die Serverauslastung und Energiebedarf zu schaffen. Bei P-Idle wird ein möglichst niedriger Wert angestrebt. In Cloud-Umgebungen muss allerdings eine gewisse Nicht-Auslastung als Backup für mögliche Serverausfälle einkalkuliert werden.
Online wurden wichtige Fragen und Erkenntnisse ergänzt:
Ein zentrales Thema war die Integration von "Suspend to RAM" (Tiefschlaf-Modus) in die P_idle-Berechnung. Das Projektteam plant, dieses Szenario in die kommenden Last-Tests einzubeziehen. Interessanterweise wurde auch erwähnt, dass CPU-Hersteller bereits an automatisierten Tiefschlaf-Modi arbeiten, was auf dem Intel Builder Day in Berlin vor einigen Jahren thematisiert wurde.
Eine weitere wichtige technische Frage kam von NTT bezüglich der Berechnung der CPU-Auslastung bei Servern mit mehreren Prozessoren. Diese Fragen zeigen das große Interesse der Teilnehmer an den technischen Details und der praktischen Umsetzung der SIEC-Metrik.
Nach einer kurzen Kaffee-Pause ging es weiter.
Überleitung auf Teil 2 des Workshops – dem World Café durch Max Schulze.
In dem anschließenden World Café wurden in 2 Gruppen (eine Gruppe online, eine Gruppe vor Ort im UBA) die folgenden Themen diskutiert:
Was macht eine gute Kennzahl aus?
Die praktische Anwendbarkeit der Kennzahl in Unternehmen
Die Moderatoren haben nach 25 Minuten den Raum gewechselt. So konnte jede Gruppe über beide Themen sprechen.
Tagesordnungspunkt 4: World Café (ca. 45 Minuten)
Zusammenfassung der Diskussion vor Ort:
Was macht eine gute Kennzahl aus?
Es kamen folgende Ideen, Gedanken und Fragen auf, die rege vor Ort diskutiert wurden:
Es wurden Verständnisfrage geklärt, u.a. dass SIEC keine Kennzahl zur Bewertung der Leistungseffizienz von Servern ist, sondern Aussagen über die Effizienz des Betriebs des Servers bzw. der Server in einem RZ.
Es wurde die Frage erörtert ob die Kennzahl ausreichend robust ist, nicht fehlinterpretiert oder manipulierbar ist. Eine ausreichende Antwort kann erst nach den vorgesehenen Felduntersuchungen gegeben werden.
Die Teilnehmer betonten die Bedeutung von P-Idle als wichtigen Parameter, der in der Kennzahl transparent dargestellt werden und einen möglichst niedrigen Wert aufweisen sollte.
Der Wunsch der Teilnehmer ist, dass die Kennzahlen SIEC verständlich sein soll, ähnlich wie die PUE. Zudem wurde die Frage aufgeworfen, für wen die Kennzahl nützlich ist und welchen Mehrwert Unternehmen von der neuen Kennzahl haben werden. Es stellte sich heraus, dass diese Kennzahl besonders für Cloud-Anbieter von Interesse ist, während dedizierte Server-Anbieter, die in der Regel eine hohe Anzahl von Servern betreuen, den Nutzen für den Endkunden nicht erkennen. Dennoch könnten sie sich vorstellen, die Kennzahl zur Optimierung ihrer eigenen Geschäftsmodelle zu nutzen, was langfristig wirtschaftliche Vorteile bringen könnte.
Kritik kam dazu, dass SIEC keine Effizienzkennzahl sei, da der Minimalwert das Optimum und der Maximalwert die größte Verschwendung darstellt. Es wurde der Vorschlag gemacht die Effizienzkennzahl umzudrehen. Nicht der Leerlauf, sondern die Auslastung wird ermittelt und wie diese mit dem Anteil am Energieverbrauch korreliert. Stichwort Lastkorrelationen.
Die praktische Anwendbarkeit der Kennzahl im Unternehmen
Ein weiterer Punkt war die Herausforderung, eine „Energieverschwendungs-Kennzahl“ zu kommunizieren; stattdessen sollte eine positivere Formulierung gewählt werden. Um P-Idle korrekt berechnen zu können, müssten langfristig auch Netzwerk und Storage berücksichtigt werden. Daher wäre es einfacher, von P-Max auszugehen. Damit muss die Frage geklärt werden, was eine 100%-ige Auslastung überhaupt bedeutet.
Es wurde die Idee geäußert, dass es wünschenswert wäre, wenn die Kennzahl auch Hinweise darauf geben könnte, welche Kosten mit einem günstigen SIEC eingespart werden könnten. Eine Kostenkennzahl ist derweil aber nicht geplant.
Es wäre auch vorteilhaft, wenn die Kennzahl nicht nur auf Server, sondern möglicherweise auch auf Cluster angewendet werden könnte, was es dedizierten Server-Anbietern erleichtern würde, die Kennzahl später zu nutzen.
Schließlich wurde die Frage aufgeworfen, wie man einen Transfer in die Kommunikation mit dem Kunden schaffen kann. Die Idee der Kennzahl ist, mehr Transparenz in der Kommunikation zu schaffen, indem nicht nur die Auslastung eines Servers, sondern umfassende Informationen angeboten werden können.
Zusammenfassung der Online-Diskussion:
Was macht eine gute Kennzahl aus?
Die Diskussion begann mit der Betrachtung der Verlustleistung von MOS-Halbleitern (P_v=Q_gate * f_switch), die einen linearen Verlauf zeigt. Bei der Leistungsmessung der Server wurde die Rolle der Lüfter intensiv diskutiert, da diese einen quadratischen Zusammenhang mit der Drehzahl aufweisen. Es wurde geklärt, dass Server-Lüfter zum Server-Strombedarf gehören und ihre Leistung über IPMI bzw. BMC gemessen und bei bekannter Kennlinie berechnet werden kann.
Und die praktische Anwendbarkeit im Unternehmen
Für die praktische Anwendbarkeit der Kennzahl wurden zwei wichtige Abgrenzungen festgelegt:
Klare Grenzen des Kontrollvolumens: Facility-Komponenten wie Türen, Umluftkühlgeräte und Sidecooler liegen außerhalb der SIEC-Metrik. Dies schafft eine klare Abgrenzung, was in die Messung einbezogen wird und was nicht.
Server-Differenzierung: Es wurde betont, dass eine deutliche Unterscheidung zwischen physischen und virtuellen Servern bei der Kennzahlermittlung wichtig ist. Dies ist entscheidend für eine präzise und aussagekräftige Messung.